Das spontan gedrehte, ungeschnittene Begehvido auf YouTube wurde bereits >164.000 mal abgerufen. Dabei wurden >370 Kommentare und Fragen abgegeben. Einige davon werden in dieser Kommentar-Liste abgearbeitet.
Was ist das? Wer hat das gebaut? Was ist der Zweck?
Es war wahrscheinlich ein Versteck unter einem Haus für 2-5 Persnen für wenige Stunden. Es gab nächtliche Überfälle, in denen Räuber in kurzer Zeit leicht tragbare Wertgegenstände suchten, bevor herbeieilende Nachbarn zu Hilfe kamen. Das geht aus Gerichtsprotokollen hervor.
Ist die ganze Höhle aus Lehm?! Was ist das für ein Material?
Hier sind viele Ziegelabbaugebiete: Der Lehm/Schlier zieht sich so durch die Gegend. So hält sich so eine Höhlenstruktur auch recht gut. Das Graben ist mühsam: Durch Selbstversuche wurde für diese Anlage eine Mehrmonatige Baustelle für ca. 5 Personen abgeschätzt. Grabewerkzeug ist aus damaligem Bergbau Keilhaue etc. An den Wänden sind Grabespuren und damit die Vortriebsrichtung ersichtlich.
Wie ist der Verschlussstein da reingekommen? Passt dieser durch eines der Löcher, oder ist dieser in Raum 5 angefertigt worden?? Tolles Video, seehr interessant!! Danke:))
Der Verschlussstein in Raum 5 ist über den zentralen Bauhilfsschacht eingebracht worden. Dieser Schacht mit 1,2-1,8 m Durchmesser und 6 m Tiefe wurde zuerst ausgehoben. Dann wurden die direkt angrenzenden Räume 2, 3, 4, 5, 6 gegraben und von diesen mit den Schlupfen die Räume 1, 7. Schließlich wurde der Hilfsschacht mit Aushubmaterial in Ziegelform wieder befüllt (sieht aus wie eine Mauer innerhalb der Räume), damit die Zugänglichkeit nur über eine Linie Raum 1-7 gegeben war. In Raum 2 war eine Verteidigungstür (siehe Strukturen am horizontalen Schlupf) gegen Eindringlinge von Raum 1, in Raum 5 ist der Verschlussstein gegen Eindringlinge von Raum 4 unten.
Da sind noch einige verschlossene Gänge und das was dahinter ist zu entdecken. Spannend!
Gemäß unserer 3D-Vermessung sind diese „vermauerten Räume“ Teile des am Schluss der Bauphase verschlossenem Bauhilfsschachts (1,2-1,8 m Durchmesser, 6 m Tiefe). Von diesem aus wurden die Räume gegraben und der Aushub beseitigt.
Hut ab, die Strecke scheint mir für einen Menschen eher ungeeignet. So viel Hochstemmen des eigenen Körpergewichtes, und der Leibumfang darf nicht größer als Medium Size werden. Wie es ist mit der Luft? nach unten wird es bestimmt kühler? Atmen fällt schwerer, vor allem mit diesen engen Kurven:-) die Beleuchtung ist wohl mit diesen kleinen Geräten erledigt. Dort sieht es überall total ordentlich aus. Kaum STaub und Brockeln, von den Seiten. Die Stufen und die Pfosten um sie mal so zu nennen, oder überhaupt die LÖCHER mit Verschlussstein, genial. Bevor ich hier mich unbeliebt mache, gehe ich erst mal auf Recherche wie denn die Nutzung aussah. Hab schon mal so was gesehen, aber kein Vergleich. Eine wahre Meisterleistung, Sie sind gut trainiert und herzliches Dankeschön, dass Sie uns mitgenommen haben. 37 m auf wieviel qm haben Sie denn da gestemmt und ein bisschen gerutscht? Toll, das ist ein Erlebnis vor dem Monitor…
Mit richtiger Technik kommen auch etwas beleibtere Menschen als ich durch die Schlupfe. Der Zugang war nur in äußersten Notfällen (Überfall aufs darüberliegende Haus) notwendig; der Aufenthalt unten war nur für wenige Stunden erforderlich. Es gibt entsprechende Protokolle von Gerichtsverhandlungen (Aussagen von Räubern). Die Temperatur ist unten ganzjährig etwa 12°C, die Termperatur bodennaher Kammern schwanken etwas mehr gemäß der Jahreszeit. Es gibt keine Luftzufuhr, Sauerstoff reicht für 2-5 Personen für Tage. Zur Beleuchtung gibt es Lampennischen für Öllampen.
Wie wurde das entdeckt?
Per Zufall 1993: Eine Frau brach bei Mäharbeiten bis zum Knie ein; unerschrockene Bewohner der Siedlung räumten den sich seit Jahrzehnten/-underten gebildeten Schuttkegel unter der Einbruchstelle aus und entdeckten dabei den horizontalen Schlupf und kraxelten weiter.
Die Erklärungen klingen etwas dünn, auch wenn wir nichts besseres haben. Der Durchmesser des „Bauhilfsschachtes“ ist mit 1200mm auch nicht gerade gross. Ausserdem scheinen nicht alle Erdställe einen Hilfsschacht zu haben.
In der Erdstallforschung bildet sich eine Typografie der Höhlensysteme heraus: längeren Gängen und hohen Räumen (z.B. Weinkeller), nach Einstiegskanal geschlossene Kreisstrukturen, Räume, die sich seitlich von einem Zentralschacht befinden, etc. Dieser Erdstall Unterstetten/Tollet gilt als Typ B: Einzelräume, die über Schlupfe (40-50 cm Durchmesser) miteinander verbunden sind.
Hut ab vor dem Mut, sich dort hinunterzuwagen. Doch ich habe Fragen über Fragen. Welche Temperaturen herrschen dort? Wie überwachst du den Sauerstoff-/Kohlendioxydgehalt der Luft? Wozu dienten diese Erdställe? Was passiert bei starken Regenfällen? Erzähl doch mal!
Die Temperaturen liegen ziemlich konstant bei 12°C. Wir haben CO2-Messgeräte mit bei unseren Begehungen. Der Sauerstoffgehalt reicht z.B. bei den letzten drei Kammern 5, 6 und 7 (ca. 25 m^3) für 60 h für eine Person; CO2-Vergiftung ist eine weitere Problematik, allerdings könnte diese durch die Tieferlegung der Kammer 6 (Sammelbecken für schwereres CO2) gemildert sein. Die Nutzung war für uns am wahrscheinlichsten ein Versteck für 2-5 Personen für wenige Stunden, während Räuber das darüberliegende Haus nach leicht zu tragenden Wertgegenständen durchsuchten. Danach mussten diese wieder abziehen, weil sie mit herannahenden Nachbarn zur Verteidigung rechnen mussten – das geht aus Gerichtsprotokollen aus dieser Zeit hervor, in denen Räuber deren Vorgangsweise gestanden. Im heurigen September gab es in wenigen Tagen eine Niederschlagsmenge von ca. 200 l/m^2 – dies führte zur Überflutung der niederen Kammern 3 und 6; nach ca. 1 Woche war das Wasser wieder versickert.